Business auf Kosten von Menschenrechten und Umwelt Glencore in der demokratischen Republik Kongo

Wirtschaft

Brot für alle und Fastenopfer kritisieren in einer Studie die Tätigkeiten von Glencore in der Demokratischen Republik Kongo: Der Schweizer Rohstoffkonzern kauft Kupfer von Zwischenhändlern, das unter sehr prekären Bedingungen und von Kindern abgebaut wurde.

Über diesen Ort werden Rohstoffe in Tilwezembe von Kleinschürfern an Zwischenhändler verkauft.
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Über diesen Ort werden Rohstoffe in Tilwezembe von Kleinschürfern an Zwischenhändler verkauft. Foto: Chantal Peyer

16. April 2012
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Zudem betreibt Glencore Steuervermeidung, missachtet Arbeitsrechte und verursacht massive Umweltschäden. Dies zeigt eine veröffentlichte Studie der beiden Werke. Die Mine Tilwezembe in der Demokratischen Republik Kongo ist eine von vielen, die zum Imperium des Zuger Rohstoffkonzerns Glencore gehört: Die Konzession für Tilwezembe ist im Besitz der Glencore-Tochter Kamoto Copper Company (KCC). Die Mine wird von Glencore als „ruhend“ bezeichnet. Tatsache ist jedoch, dass auf dem Minengelände rund 1600 Kleinschürfer auf eigene Faust Rohstoffe abbauen. Mehr als ein Drittel dieser Kleinschürfer ist minderjährig. Umfassende Recherchen von Brot für alle und Fastenopfer haben zu Tage gefördert, dass ein Teil der Rohstoffe, die auf dem Minengelände abgebaut werden, über verschiedene Zwischenhändler in den Besitz von Glencore gelangen, obwohl das Unternehmen dies verneint.

Damit trägt Glencore Mitverantwortung für die menschenunwürdigen Zustände in den Minen, wo die Kleinschürfer mit nackten Händen und ohne Sicherheitsvorkehrungen in bis zu 80 Meter tiefe Schächte hinuntersteigen. Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen und die desolate Hygienesituation verursacht zahlreiche Krankheiten. Hinzu kommt, dass die Kleinschürfer nur einen Teil des Erlöses erhalten, der ihnen zustehen würde: Weil der Zwischenhändler Misa Mining die Mineraliengehalte herabsetzt und falsche Wechselkurse benutzt, kommen die Kleinschürfer um einen guten Teil ihres Einkommens.

Vergiftete Flüsse, missbräuchliche Kündigungen und Steuervermeidung

Die Studie von Brot für alle und Fastenopfer zeigt weiter auf, dass die Tätigkeiten, an denen Glencore beteiligt ist, in gewissen Gebieten zu gravierenden Umweltschäden führen: In einem Verarbeitungsbetrieb von Glencore in Luilu gelangt Schwefelsäure unbehandelt in den gleichnamigen Fluss - mit verheerenden Folgen für die Umwelt und die Menschen in den umliegenden Dörfer, die damit eine wichtige Wasserquelle verloren haben. Vor wenigen Tagen darauf angesprochen, behauptete Glencore, das Problem inzwischen behoben zu haben.

Entnahme von Wasserproben aus dem Luilu-Fluss.

Bild: Entnahme von Wasserproben aus dem Luilu-Fluss. / Chantal Peyer

Auch die Arbeitsbedingungen in den von Glencore offiziell betriebenen Minen entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen: Lokale Angestellte werden gegenüber ausländischem Personal diskriminiert, missbräuchliche Kündigungen ausgesprochen und Überstunden bleiben unbezahlt. Entgegen den Forderungen des kongolesischen Minengesetzes hat Glencore bislang auch keinen offenen Dialog mit den betroffenen Gemeinden von Luilu und Musonoi geführt. Die Lebensbedingungen in diesen Gemeinden haben sich durch die Tätigkeiten, für die Glencore massgeblich verantwortlich ist, massiv verschlechtert, und beide Gemeinden leiden unter chronischem Trinkwassermangel.

Und nicht zuletzt bieten die Steuervermeidungspraktiken von Glencore Anlass zur Kritik: Zwar leistet Glencore im Kongo rechtmässig Abgaben in Form von Lizenzgebühren und Import / Exporttaxen. Indem das Unternehmen jedoch im Kongo erzielte Gewinne über interne Verrechnungen zwischen seinen Tochterfirmen in Steueroasen verlagert, entgingen dem kongolesischen Staat laut Berechnungen von Fastenopfer und Brot für alle Dividenden und Gewinnsteuern in der Höhe von rund 196 Millionen US$ in den letzten zwei Jahren.

Glencore muss Verantwortung übernehmen

„Wir verlangen, dass das Glencore-Management die bestehenden Probleme anerkennt und klar aufzeigt, was es dagegen zu tun gedenkt“, fordert Chantal Peyer, Verfasserin der Studie von Brot für alle und Fastenopfer. Für sie ist klar: „Glencore hat noch einen weiten Weg vor sich, will es das verantwortungsvolle Unternehmen werden, als welches es sich in seinem Nachhaltigkeitsbericht präsentiert.“ Die Glencore-Verantwortlichen müssen nun dringend den Dialog mit der betroffenen Bevölkerung im Kongo suchen und konkrete Lösungen in die Wege leiten, um die Lebensbedingungen und in erster Priorität die Trinkwasserversorgung der Betroffenen zu verbessern.

Zudem braucht es Steuertransparenz: "Multinationale Unternehmen wie Glencore müssen ihre Rechnung nach Ländern offenlegen, damit ersichtlich ist, welche Steuern bezahlt (und nicht bezahlt) werden", sagt François Mercier, Mitverfasser der Studie. Diese Information braucht auch der kongolesische Staat, der an einer Reform seines Minengesetzes arbeitet. "Wäre der Bergbausektor im Kongo richtig versteuert, würden die entsprechenden Einnahmen die Entwicklungshilfe für dieses Land mehr als übersteigen", so Mercier.

Fall Glencore zeigt Schweizer Gesetzeslücken auf

Das Beispiel Glencore macht einmal mehr deutlich, dass die Schweizer Gesetzgebung in Bezug auf die Tätigkeiten von internationalen Unternehmen gravierende Lücken aufweist. Es braucht dringend gesetzliche Anpassungen, damit in der Schweiz beheimatete Unternehmen die Verantwortung für die Tätigkeiten ihrer Tochterfirmen im Ausland übernehmen.

Ausserdem muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Betroffene vor Schweizer Gerichte gegen Schweizer Unternehmen Klagen können, deren Tochterunternehmen im Ausland Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen begehen. Diese Forderungen stellen Brot für alle und Fastenopfer im Rahmen der Koalition „Recht ohne Grenzen“ (www.rechtohnegrenzen.ch), in der sich rund 50 Organisationen zusammengeschlossen haben.

Bereits 2011 haben die beiden Werke eine Petition mit über 27'000 Unterschriften beim Bundesrat eingereicht. Diese verlangt nebst einer verbesserten Haftbarkeit von Unternehmen, dass transnationale Unternehmen ihre Finanzflüsse pro Land öffentlich machen, um der gängigen Praxis der Steuervermeidung einen Riegel zu schieben.

Chantal Peyer / Brot für alle